Alfred Kubins Bilder zum Landarzt:
Grotesker Realismus und Modellfall für die Kafka-Illustrationen der Zwischenkriegszeit?
Christian Drobe (Brno)
Alfred Kubin illustrierte 1932 Kafkas Ein Landarzt und sein realistisch-grotesker Stil kann exemplarisch für eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Schriftsteller stehen. Kubin war jedoch nicht nur ein talentierter Illustrator, sondern galt als Doppelbegabung, der mit seinem utopischen Roman Die andere Seite (1909) Kafka selbst wesentlich inspiriert hatte. Wie die Fantastik im Prager Literaten- und Künstlermilieu in Bild und Text zum Ausdruck kam und besonders die späteren Kafka-Illustrationen der Zwischenkriegszeit beeinflusste, ist Gegenstand des Vortrags. Dass der heute kaum bekannte Grafiker Albert Schamoni ebenfalls 1931 den Landarzt illustrierte, führt zudem auf die Spur der regionalen Verlagspraxis in der Tschechoslowakei. Verleger wie Josef Portman in Litomyšl oder Josef Frank in Stará Říše schufen exklusive Drucke, die zu den frühesten Übersetzungen von Texten Kafkas ins Tschechische gehören. In kleiner Auflage entstand so abseits der Zentren im ländlichen Raum ein vielfältiges Programm, u.a. auch mit Illustrationen von Kubins Briefpartner Otto Coester, das zwischen den Sprachen bzw. Literaturen und dem kleinen Kreis der Grafiker vermittelte.
Christian Drobe is Kunsthistoriker, publizierte neulich ein Buch über den „neuen Klassizismus“ in der modernen Kunst und ist aktuell als Mitglied des internationalen Projekts „CONTINUITY/RUPTURE: ART AND ARCHITECTURE IN CENTRAL EUROPE 1918-1939“ an der Masaryk-Universität in Brünn tätig.
Dienstag, 20. 12. um 18:00 Uhr
Kampus Hybernská 4, haus D (3. Stock)