PRAG IM /FEUILLETON/ IN PRAG (20. – 22. 09. 2018)
Die Kurt-Krolop-Forschunsstelle für deutschböhmische Literatur lädt alle Interessierten herzlich zur internationalen Tagung ein, die vom 20. bis 22. 09. 2018 im Österreichischen Forum und an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität in Prag stattfindet.
Veranstalter: Slavisches Seminar der Universität Tübingen, Kurt-Krolop-Forschungsstelle, Karls-Universität Prag.
Gefördert vom Deutsch-tschechischen Zukunftsfonds, dem Österreischischen Kulturforum in Prag und der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien.
FRANZ KAFKA IM INTERKULTURELLEN KONTEXT (Prag, 01.- 03. 12. 2016)
Besprechung der Lesung bei der Kafka-Tagung auf Prag Aktuell
Interview mit dem Veranstalter Manfred Weinberg im Tschechischen Rundfunk – Teil 1 | Teil 2
Veranstalter: Fachkommission Literatur- und Sprachwissenschaft des Herder Forschungsrats, Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena an der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar, Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren und Kurt Krolop Forschungsstelle für deutsch-böhmische Literatur an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität Prag.
Die internationale und interdisziplinäre Tagung widmet sich der Frage nach der Bedeutung des interkulturellen Umfelds Kafkas für sein Leben und Schreiben. Dabei geht es zum einen um die spezifische Interkulturalität Prags und der Böhmischen Länder zu Lebzeiten Kafkas. Diese wird gemeinhin auf die Formel eines Zusammenlebens von Tschechen, Deutschen und Juden gebracht, die die Bevölkerungsgruppen aber nach den Erkenntnissen neuerer historischer Studien viel zu deutlich gegeneinander abgrenzt. Von daher ist eine Neuperspektivierung der realen historischen Verhältnisse notwendig. Weiterhin ist nach der Relevanz dieser spezifischen Interkulturalität für Franz Kafka in biographischer Perspektive zu fragen, wobei hier vor allem die wiederum überzogene These vom „dreifachen Ghetto“, in dem die Autoren der Prager deutschen Literatur gelebt haben sollen (als Deutsche unter Tschechen, als Juden unter Christen sowie als sozial Höhergestellte unter sozial niedriger Gestellten), zu diskutieren sowie die vielfältigen Identitätsentwürfe der Juden in Prag weit mehr als bisher zu fokussieren sein werden. Zuletzt ist den bisher weitgehend übersehenen mannigfachen Spuren solcher Interkulturalität in den Texten Kafkas nachzugehen.
Das Thema der Tagung besitzt vor dem Hintergrund der aktuellen Situation der Kafka-Forschung eine besondere Relevanz. Trotz vieler anderweitiger Absichtserklärungen – schon der Kafka-Konferenz in Liblice 1963, die einen Franz Kafka aus Prager Sicht versprach, aber auch noch des Bandes Kafka interkulturell in der Reihe der Deutschen Kafka-Gesellschaft von 2013 – ist die Bedeutung der spezifischen Interkulturalität Prags für das Werk Kafkas bisher kaum grundsätzlich thematisiert worden. Dieses Versäumnis hat vor allem damit zu tun, dass Kafkas Texte nicht sozusagen „vor Ort“, sondern weltweit und somit von Wissenschaftlern interpretiert wurden, die die Besonderheiten der Interkulturalität Prags und der Böhmischen Länder nicht hinreichend gründlich kannten und kennen. Das eklatanteste Beispiel dafür ist wohl die Kafka-Studie von Gilles Deleuze und Félix Guattari, in der es schon auf der simpelsten Ebene der Fakten von sachlichen Fehlern und falschen Zuschreibungen nur so wimmelt. Allerdings wurde in den letzten Jahren in der Kooperation der Kurt Krolop Forschungsstelle für deutsch-böhmische Literatur an der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität Prag mit deutschen und tschechischen Kafka-Forschern auch eine andere Perspektive etabliert, die Franz Kafka, überspitzt formuliert, als Autor einer Regionalliteratur versteht, wobei dem dabei vorausgesetzten Verständnis von „Region“ selbstverständlich nicht die übliche Zuschreibung von Provinzialität eignet, sondern vielmehr eben eine Fokussierung auf die tatsächlichen (inter-)kulturellen Zusammenhänge in Prag und den Böhmischen Ländern zu Kafkas Lebzeiten intendiert ist. Diese Perspektive wird im Übrigen auch das von Peter Becher, Jörg Krappmann, Steffen Höhne und Manfred Weinberg im Sommer 2017 im Metzler-Verlag herauszugebende Handbuch zur deutschen Literatur Prags und der Böhmischen Länder bestimmen. In dieser Situation liegt ein unabweisbares Desiderat darin, wichtige Kafka-Forscher vor allem der Inlands-, aber auch der weltweiten Germanistik, die Kafkas Texte immer noch ganz jenseits ihres Entstehungskontextes interpretieren, und die Vertreter des benannten Neuansatzes zusammenzubringen.