Zensur wurde lange und mit Fortschrittspathos als Hindernis für den Aufschwung des menschlichen Geistes beschrieben; die heutige Literaturwissenschaft nimmt Zensur eher als produktiven Faktor ernst, der praktisch allgegenwärtig ist und mitbestimmt, wie, von wem und wo Texte geschrieben, veröffentlicht oder gelesen werden. Der Vortrag möchte die Zensur in den böhmischen Ländern in groben Zügen skizzieren und die Brauchbarkeit dieser neueren Perspektive anhand von Beispielen aus der deutschböhmischen und der tschechischen Literatur demonstrieren – von Anna Maria Sagar im 18. Jahrhundert über Bernard Bolzano und Jakub Arbes bis hin zu Franz Kafka.